OnkelBarlow/BMZ/157: Spieltheorie: Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 24. Dezember 2022, 10:08 Uhr

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Zusammenfassung

<Zusammenfassung>

Lessons Learned

<Lesson Learned 1>

Transkript

Hallo und herzlich willkommen, hier ist Barlow. Mit dem heutigen BMZ und dem Thema Spieltheorie eingeleitet und auf die Idee gebracht hat mich ChokiDoki mit folgender Frage. Hiho Barlow, habe letztlich etwas erlebt, das mich zum Nachdenken bezüglich der Spielmechanik versus menschliches Verhalten gebracht hat. Dabei ging es um den großen Stylecheck. Für die, die es nicht kennen, es werden fünf Leute zu einem Ort gebracht. Dort wird ein Motto vorgegeben und jeder hat zwei Minuten sich dementsprechend zu mocken bzw. zu kleiden. Daraufhin werden nacheinander immer zwei Spieler auf die Bühne geportet und die anderen Spieler stimmen für je einen der beiden. Der Sieger der Runde bleibt auf der Bühne und der Verlierer tauscht mit einem der wartenden Teilnehmer. Das geht so lange bis die Top 3 ermittelt sind. Nun zum Thema. Das was ich in WoW hauptsächlich treibe ist Charaktere zu erschaffen bei denen alles passt. Klasse, Rasse, Transmog, Mount und Pet. Wenn man mich in eine Schublade packen will würde ich sagen Twinker, Transmogger. So doof das auch für viele klingen mag. Ich beschäftige mich einfach sehr viel mit der Zusammenstellung von einzelnen Sets, Designs und dem Erschaffen von stimmigen Charakteren etc. Nun habe ich mich sehr auf den Stylecheck gefreut. Endlich mal Content für mich alte Stylewhore. Nach 10 Runden mit 8 Trostpreisen und 2x dritter Platz dachte ich mir, ne das kann es nicht sein die haben doch alle keinen Geschmack. Entrüstet über all diese vermeintlichen Bauern habe ich es einen Tag ruhen lassen. Doch plötzlich dämmerte es mir. Die Gewinner waren allesamt immer unschön anzusehen. Es ratterte in meinem Kopf und mir kam ein Gedanke aus einer ganz dunklen Ecke. Die Leute werden doch nicht immer das hässlichere Transmog gut bewerten damit sie am Ende ihre eigenen Chancen vergrößern zu gewinnen. Der Filantrop in mir sagte nein, doch der Empiriker war versucht diese These unbedingt einer Überprüfung zu unterziehen. Die nächste Runde geteunt, absichtlich die unpassendsten, abartigsten Gammelgierstücke gemoggt die ich im Schrank habe und zack. Gratulation zum ersten Platz im großen Stylecheck. Danke und auf Wiedersehen. Nach 5 Runden insgesamt war ich 4x erster und einmal 2. Platz. Meine Frage ist nun, denkst du das es sich um eine schlecht designte Spielmechanik handelt oder sind alle Spieler schon so auf Effizienz und Erfolg getrimmt, dass es nicht möglich sein wird etwas derartiges ins Game zu implementieren wo die ehrliche Meinung bzw. der ehrliche Geschmack von Spielern gefragt ist und sie es durch Ehrgeiz ad absurdum führen? Ich finde diese Frage unglaublich interessant, weil sie 1A und 100 Prozent ein Beispiel aus der Spieltheorie sein könnte bzw. ist. Ob es das in der exakten Form gibt, weiß ich nicht, es gibt ähnliche, gefangenes Dilemma geht in die Richtung. Aber kommen wir jetzt erstmal zur Begriffserklärung der Spieltheorie. Die Spieltheorie ist eine mathematische Theorie in der Entscheidungssituationen modelliert werden in denen mehrere Beteiligte miteinander interagieren. Sie versucht dabei unter anderem das rationale Entscheidungsverhalten in sozialen Konfliktsituationen davon abzuleiten. Die Spieltheorie ist originär ein Teilgebiet der Mathematik. Sie bedient mannigfaltige Anwendungsfelder. Und ein anschauliches Beispiel das ein bisschen ähnlich deinem ist, damit klar wird um welche Arten von Dilemma oder Phänomen es da zum Beispiel geht. Und das hier heißt, wartet ganz kurz nachgucken, Schönheitswettbewerb ist nicht ganz das was wir hier haben. Das Modell erhielt seinen Namen in Anlehnung an frühere mit Schönheitswettbewerben verknüpfte Preisausschreiben in amerikanischen Zeitungen. Der Gewinn wurde bei diesen Preisausschreiben unter den Teilnehmern verlost, die unter den zu Wahl stehenden Fotos das ausgewählt hatten, das auch, und jetzt kommt der wichtige Teil, von den meisten anderen als das schönste ausgewählt worden war. Optimale Entscheidung. Ziel eines auf den Gewinn hoffenden Teilnehmers ist es also nicht das nach seinem Geschmack schönste Foto zu wählen, sondern dasjenige Foto, dem er die höchste Gewinnchance zurechnet, von dem er also erwartet, dass es von den meisten anderen ausgewählt wird. Er wird außerdem in Betracht ziehen, dass auch die anderen Teilnehmer nach dem gleichen Kriterium auswählen. Keynes, wir haben den dritten Grad erreicht, bei dem wir unsere Intelligenz darauf anwenden, welche Meinung die meisten Leute über die Meinung der meisten Leute haben. Und es gibt einige, glaube ich, die den vierten, fünften oder noch höhere Grade praktizieren. Für den Entscheidungsträger hängt die optimale Entscheidung damit davon ab, was die anderen denken, wie er entscheidet, da er ihnen einen seinem eigenen, ähnlich rationalen Gedankengang unterstellt. Da diese Überlegung aber für alle Teilnehmer gilt, kommt es zu unendlich vielen Reflexionsstufen. Ich denke, dass die anderen denken, dass ich denke, dass die anderen denken,... und so weiter. Sind alle Teilnehmer vollkommen rationale Subjekte, dann ergibt sich eine theoretische Lösung, die je nach Design variieren kann. Diese theoretische Lösung ist ein Nash-Gleichgewicht. Das Problem des Experiments besteht nun darin, dass nicht alle Teilnehmer vollkommen rationale Entscheider sind und deswegen nicht alle Reflexionsstufen durchlaufen können. Weißt der vollkommen rationale Teilnehmer von diesem eingeschränkten rationalen Teilnehmer, dann muss er gedanklich einen weiteren Schritt gehen und wieder rückwärts reflektieren. Also du siehst, es ist nicht ganz das Problem, aber auch ein ähnliches. Es geht auch um einen Wettbewerb, wo eigentlich nur danach gefragt wird, was ist für euch der schönste oder die schönste, also ein einfacher Schönheitswettbewerb. Mit der ganz kleinen und winzigen Einschränkung unter den in Anführungsstrichen richtigen Einsendern, Geschmacksach ist zwar nicht richtig, aber irgendwer wird dadurch gewinnen, dass ihr nach den schönsten Fragen verlosen wir irgendeinen kleinen Preis. Und dann hast du natürlich die Wahl, ich kann jetzt eine Antwort abgeben und eine Gewinnchance von Null haben oder eine sehr geringe Gewinnchance haben oder ich kann meine Gewinnchance erhöhen. Und damit wird aus der vermeintlich einfachen Frage eben die gar nicht mehr so einfache Frage, nämlich was glaube ich denn, wie die meisten anderen denken. Und so kann es halt zu dieser absurden Geschichte kommen, dass im Endeffekt vermutlich irgendwer den Schönheitswettbewerb gewinnt, der so vermutlich irgendein typisches Klischee erfüllt, blond und blauäugig, weil alle glauben, dass alle anderen glauben, dass das von den meisten gewählt wird und sie gewinnen wollen. Und dasselbe Phänomen oder ein ganz ganz ähnliches Phänomen haben wir auch bei dem WoW Schönheitswettbewerb, wo du halt zum einen wählen kannst, was ist für dich der schönste Transmog und zum zweiten selber auch noch Teilnehmer bist von dieser gesamten Geschichte. Wenn du also möchtest, dass du gewinnst, möchtest du nach Möglichkeit und das ist ja dein Hauptziel eigentlich, sagen wir es mal so rum. Das Hauptziel der Leute, die daran teilnehmen, ist ja, dass sie gewinnen möchten. Dann wählst du die Strategie, nach der du am wahrscheinlichsten gewinnst und die Strategie ist mutmaßlich, den größten Konkurrenten auszuschalten, woran ja nichts Verwerfliches ist. Die Frage ist halt, ob man das einfach umgehen könnte, indem man sagt, nee auch nicht. Ich habe gerade überlegt, ob man das einfach umgehen könnte, indem man sagt, wir stellen alle fünf Teilnehmer gleichzeitig auf die Bühne, damit es nicht mehr zu dieser Situation kommt, dass in einzelnen Duellen rausgevotet wird. Aber das würde grundsätzlich nichts ändern, wenn es dann ein super cool aussehendes Transmog geben würde, würde auch jeder denken, na das ist so cool, das werden wohl die meisten wählen und damit wird es vermutlich gewinnen. Wenn ich eine Chance haben will zu gewinnen, wähle ich nicht das, was am besten aussieht, sondern eins, das so hässlich ist, dass ich davon ausgehe, dass es möglichst wenig andere wählen. Aber kommen wir noch zu einem, weil es mein Lieblingsbeispiel ist, zumindest von denen, die ich kenne, vielleicht kennt ihr auch noch ganz ganz andere tolle Beispiele aus der Spieltheorie, und das ist die Dollarauktion. Die Dollarauktion, auch allgemein Eskalationsauktion genannt, ist ein von Martin Schubick entwickelter Spiel, das durch sein Spielprinzip die Teilnehmer irrational handeln lässt, obwohl sie eigentlich alle notwendigen Informationen haben, um sich rational zu verhalten. Somit wird durch dieses Spiel die Anwendbarkeit der Theorie der rationalen Entscheidung in Bezug auf menschliches Verhalten, Entschuldigung, in Frage gestellt. Der Inhalt dieses Spiels ist die Auktion eines US-Dollars, Spielprinzip. Der Auktionator bietet zwei oder mehr Bietern einen Dollar zur Auktion an. Der erste Bieter gibt ein Gebot ab, zum Beispiel einen Cent. Der nächste Bieter kann mehr als das vorherige oder gar nichts bieten, auch ganz normal Auktion müsste dahin. Die Auktion endet, wenn kein Bieter das Gebot seines Vorgängers mehr erhöht. Der Bieter mit dem höchsten Gebot bekommt den Dollar, klar. Der Sieger und der Teilnehmer mit dem zweithöchsten Gebot zahlen jeweils ihren gebotenen Betrag an den Auktionator. Also nochmal die ganz Kurzfassung, ganz normale Auktion, in der überboten werden kann und so weiter, der Sieger bekommt das Ding. Einzige Änderung ist, dass nicht nur der Sieger bezahlt, sondern auch der Zweitplatzierte und das macht den Teil spannend. Denn in der Regel läuft die Auktion gefolgt ab. Die Teilnehmer überbieten sich um einige Cent, um sich den Dollar zu sichern. Die Gebote steigen bis zum Erreichen der 1-Dollar-Grenze, denn ein siegreiches Gebot von 99 Cent bringt noch einen Gewinn. Klar, man muss nur 99 Cent zahlen, wenn man gewinnt. Kriegt dafür einen Dollar, hat also 1 Cent Gewinn gemacht. Bis 99 Cent ist es ja noch gut. Interessant ist der dann folgende Verlauf. Die Auktion stoppt zumeist nicht beim Erreichen des 1-Dollar-Gebots. Die Gebote steigen im Durchschnitt bis 3,40 Dollar. Diese für den Bieter finanziell nachteilige Eskalation lässt sich mit einer für den Moment rationalen Entscheidung erklären. Angenommen, es gibt zwei Bieter, A und B. Und das aktuelle nicht erste Gebot von A beträgt 99 Cent. B mit dem zweithöchsten Gebot von 98 Cent steht also vor der Wahl, kein weiteres Angebot abzugeben und mit Sicherheit 98 Cent zu verlieren oder einen Dollar zu bieten und sich die Chance zu erhalten, die Auktion und damit den Dollar zu gewinnen. In der Regel bietet B 1 Dollar. Würde A jetzt nicht weiter bieten, so wäre er zum Zahlen des letzten Gebotes von 99 Cent verpflichtet. Bietet er aber 1 Dollar 1 und B gäbe kein weiteres Angebot ab, bekäme A den Dollar und verlieren nur 1 Cent. Bei der Wahl zwischen dem sicheren Verlust von 99 Cent und einem unsicheren, kleineren Verlust wählen die meisten Teilnehmer die zweite Variante und bieten folglich 1 Dollar 1. Nun steht B vor der Wahl, mit Sicherheit 1 Dollar zu verlieren oder mehr zu bieten, um seine Aussichten auf einen kleinen Verlust zu erhalten. Im Laufe des Spiels wird der Verlust für beide Spieler immer größer. Ab einer bestimmten Phase tritt der Gewinn bzw. die Höhe des Verlustes in den Hintergrund und es geht darum die Versteigerung zu gewinnen und nicht mehr die Auszahlung an sich. Die Gegner beginnen sich gegenseitig irrationales Handeln vorzuwerfen. Das Spiel zeigt dem Charakter eine Eskalation. Man will nicht der Narr sein, der verliert. Ein Beispiel aus der Spieltheorie. Auch da, wo alle Informationen haben und man sich denkt, man wird doch nicht so blöd sein und 3 Dollar 40 für 1 Dollar bieten. Da ist gut erklärt, in welchen Schritten dieser Gedankengang passiert. Was du gefunden hast, ist ein neues Phänomen der Spieltheorie, das sich so leicht nicht beheben lässt. Weil für die Leute der Anreiz eines Gewinns übertrifft irgendeinen... Es hat ja keine Wertigkeit, was wir da machen. Es ist ja nicht so, als ob wir jemandem gegenüber verpflichtet sind, eine rationale Entscheidung darüber zu treffen, was nun ein schönes oder nicht schönes Transmog ist. Wir wollen in erster Linie irgendwas gewinnen und alles andere, weil es ja keinen besonderen Vor- oder Nachteil hat, tritt für uns in den Hintergrund. Blizzard hat ein Spieltheoretisches Problem geschaffen, in dem die optimale Strategie ist. Zum einen die hässlichen Sachen zu wählen und daraus folgend die optimale Strategie, um das Spiel zu gewinnen, nicht sich schöne Transmogs anzuziehen, sondern sich hässliche Transmogs anzuziehen. Wunderbar. Wir müssen nur gucken, dass wir das bei Wikipedia aufgenommen bekommen. Aber ich glaube macht euch mal keine Mühe, um das reinzuschreiben, denn das wird bestimmt ein Mathematik-Nazi sofort korrigieren und sofort rausnehmen. Das soll es gewesen sein für heute. Das war unsere Einführung in die Spieltheorie. Ich wette, es gibt jetzt einige Mathematiker unter euch, die sich die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen haben und gesagt haben, so kann man das nicht erklären, Barlow. Aber ich fand es trotzdem spannend. In diesem Sinne, tschüss, sagt euer Onkel Barlow.